Buells und Öl  © by Cornelia Belmer

Hier scheiden sich die Geister!

Während einige auf ein hochgezüchtetes 10W60 vollsynthetisch schwören (oft von der grünen Marke mit dem rotgefärbten Öl), halten andere ein teilsynthetisches oder gar mineralölbasisches Öl 20W50 für durchaus ausreichend (oft von der schwarz-orangenen Marke mit dem preislich vergoldeten Öl). Wiederum andere schütten mit wachsender Freude und Begeisterung ein SAE 50 Einbereichsöl in ihre Buells (welches wahlweise auch gern von Oldtimerfahrern, Shovel-treibern oder Lanz-Bulldog Besitzern benutzt wird). 

Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen und das erläutere ich im Folgenden. 

Zunächst einmal zur 

Viskositätsklasse: 

Die Viskositätsklasse gibt lediglich empfohlene Einsatztemperaturen vor und ist KEIN Qualitätshinweis. Ein 0W70 Öl zum Beispiel deckt zwar auf den ersten Blick alle Temperaturbereiche ab, ist aber im wirklichen Leben eine Katastrophe (erklär ich noch). 

Die erste Zahl gibt die Kältefestigkeit des Öls an. Bei Kälte wird das Öl fester (kennen wir vom Wasser auch, Eiskugelbeutel aufgetaut sind weicher, als die frisch auf dem Kühler). Festes Öl kann nicht schnell an die zu schmierenden Stellen. Wenn der erste Zahlenwert bei 10W bis 20W liegt, ist das für unseren Temperaturraum in Ordnung. Ein 50-er Einbereichsöl kann bei -20 °C ganz schön zäh sein (=kein ausreichender Schmierfilm beim Start, Metallreibung, Späne, Kotz). Gut, wir fahren seltenst bei den Temperaturen, aber meine überzogene Beschreibung soll nur das System und den Grundgedanken deutlich machen. 

Wie zu jeder Regel gibt es auch hier eine Ausnahme: schlecht eingefahrene Motoren und ein durch viel Fahrleistung und Verschleiß verändertes Spaltmaß können zu Ölverlust neigen. Das merkt ihr aber selber, was Eure Buells so trinken. Dann bitte von einem 10W oder einem 15W absehen, und lieber auf ein 20W wechseln. 

Die zweite Zahl gibt die Hitzefähigkeit des Öls an. Heisses Öl wird ganz schön dünn (kennen wir vom Pommesfett in der Friteuse, das wird auch immer flüssiger beim heissmachen). Zu flüssiges Öl kann keinen vernünftigen Schmierfilm mehr garantieren (=zu dünn). Da haben wir sie dann wieder, die berühmte Trockenreibung oder Metallreibung...die Späne...der Aufschrei des Entsetzens. Buell Fahrer sind im seltensten Fall gemütliche „Durch-die-Landschaft-Choppererclique;. Daher werden oftmals recht hohe Einsatztemperaturen erreicht. Dies widerspricht natürlich schon in den Grundzügen den Ideen des Motorbauers, der das unseren Langhubern gar nicht zugedacht hatte, aber so ist es nun mal. Laut unserer Labortests ist ein -50 oder ein -60 Öl schon zu empfehlen. 

Zusammenfassend kann man also sagen, dass im Durchschnitt (Rest s.o.) folgende Öle geeignet sind: 
10W50, 10W60, 15W50, 15W60 (gibt es  nur in Schweden), 20W50, 20W60 

20W50 oder 50-er Einbereichsöl? 

Korrekt ist folgendes: ein 20W50 und ein 50-er Einbereichsöl sollten bei Betriebstemperatur den selben Fliesswiederstand (Viskosität) haben. 

Der Unterschied liegt im Wesentlichen in den kinematischen Viskositäten im Hinblick auf das Fliess-Temperatur-Verhalten des Öles. Diese kinematische Viskosität errechnet sich aus der dynamischen Viskosität durch die Dichte des Öles. Die Dichte ist ja immer Temperaturabhängig (s.o.), so werden folgende Temperaturpunkte zum Bestimmen der Viskoangaben herangezogen: 37,8 °C und 98,9°C. Mit verschiedenen Testverfahren wird der Fliesswiederstand usw. gemessen zu diesen Temperaturen. 

Um das Ergebnis kurz zu machen: ein 20W50 Öl ist bei -15°C Kaltstartphase noch durchaus fliessfähig, während man ein 50-er Einbereichsöl bei der Temperatur eher mit einem Spachtel bearbeiten sollte. So erreicht das 20W50 Öl auch im recht kalten Zustand schnell die Schmierstellen im Motor, das 50-er Öl würde da länger brauchen. Beide Öle sind gut hitzefest. 

Die Einbereichsöle SAE 20, SAE 30, SAE 40, SAE 50, SAE 60 werden alle bei 100°C getestet, ein 20-er ist das dünnste (aber auch in der Hitze) und ein 60-er ist schon zäher. 

Allerdings: hin und wieder hat sich in Hitzebelastungstests in unseren Labors herausgestellt, dass zum Beispiel ein 10W60 Öl und ein 60-er Einbereichsöl doch verschiedentlich auf die Hitze reagieren. Im Betrieb kaum merkbar, gab es doch Schmierfilmunterschiede. Das lässt sich wie folgt erklären: 

Die Einbereichsöle werden häufig aus anderen Grundölen aufraffiniert und sind grösstenteils mineralölbasisch. Ein 20W50 ist bei vielen Lieferanten zum Beispiel ein sogenanntes "teilsynthetisches" Öl. Schon das Grundöl und die verschiedenartige Additivierung (zum Beispiel mit VI-Verbesserern auf Polymerbasis) haben einen gewissen Einfluss auf das Hitzeverhalten des Öls. 

Warum keine grosse Viskositäts-spreize? 

Gibt es die eierlegende Woll-Milch-Sau? Ein Öl, das bei fiesesten Minusgraden flüssig genug für einen reibungsfreien Start ist und bei heissester Betriebstemperatur noch fest genug ist, einen guten Schmierfilm zu garantieren? Vielleicht ein 10W60 Öl oder ein 0W60, oder ein 10W70? Wahlweise auch 5W50 oder so? 

Ja, diese Wunderöle gibt es. Und NEIN, wir (Shell) haben diese Wunderöle nicht im Sortiment für Motorradfahrer. Das hat vor allem einen Grund: 

Diese Öle müssen sogenannte VII (Viscosity.Index.Improver) beigemischt bekommen, sonst wäre das gar nicht möglich. Es handelt sich dann um ein originales 0W30 Öl oder 10W40 Öl. Beigemischt werden die V.I.I. zum verbessern des Hitzeverhaltens. Das sind kleine Polymer-„Wollknäule". Wenn das Öl wärmer wird (Betriebstemperatur erhöht sich), dann dehnen sich die „Ärmchen" dieser „Wollknäule" aus. Die ehemals kleine Kugel ist dann ein ent-tüdeltes Knäul mit langen Armen. Die langen Arme machen das Öl in der Hitze dicker. Nur hat jedes Licht auch einen Schatten. Die „Arme" der „Knäule" sind nicht sonderlich fest gegenüber Scherkräften wie Motorinnenbewegungen. Nun schwimmen dann im Öl lauter abgetrennte Arme herum (wie „Kettensägen-Massaker II). Und diese Ablagerungen sind wie gesagt Polymerhaltig. Das heisst, sie neigen zu sogenannter Verkokung (hat nichts mit Koks zu tun). Werden heiss, schmelzen zu Sammelpunkten zusammen, bilden Hitzenester, brennen sich als Schwarzschlacke fest, Russiger schwarzer Schlamm...bäh. Das KANN passieren (muss nicht), generell sollte aber ein Öl mit einer derartigen Viskospreizung deswegen viel häufiger gewechselt werden. 

Wechsel des Öls: 

Bis jetzt 50-er Einbereichsöl gefahren, nun Umstellen? 
oder 
Ölverlust durch Umstellen auf synthetisches Öl? 

Es gibt Maschinen, bei denen ich eine Umstellung von einem 50-er Einbereichsöl in keinem Fall empfehlen würde. Dies hängt aber immer von ein paar Eckdaten ab, die ich wissen müsste: Laufleistung, Hub, Fahrweise, Fahrleistungen in welchen Temperaturen, Ölwechselintervalle. 

In einer schonen grosshubigen Harley mit 60.000 miles kann ein teilsynth 20W50 tatsächlich dazu führen, dass die eigentlich guten Inhaltsstoffe des Öls (Dispergentien, Detergentien, Friction Modyfier...) die alten russigen versiegelnden Ablagerungen ablösen, in Schwebe halten, etc.. Diese Sauberwaschung ist hübsch, kann aber zu dem  ungewollten Verteilen des Öls in die Umwelt führen. Ähnliche Effekte der Auswaschung können auch bei Umstellung von mineralischem Öl auf synthetisches Öl auftreten. Die Effekte sind aber nur existent bei einem gewissen Spaltmaß des Motors (durch viel Fahrleistung, falsches Einfahren, etc). 

Wir haben sowohl ein 50-er Einbereichsöl im Angebot, als auch ein von Ducati und Harley heissbegehrtes 15W50. Beim 15W50 haben wir viel Wert gelegt auf ein recht vernünftiges (in Rahmen bleibendes) Waschverhalten, weil wir ja mit Ducati und HD zusammen entwickelt haben, und deren sagen wir "individuelles" Motorenbauverhalten kennen ;-). Die Entwicklung des 15W50 hat 2 Jahre, die des 50-er hat 1 Jahr gebraucht...nun gut, ein gutes Pils braucht auch seine Zeit. 

Öl im Motor / Öl im Getriebe? 

Füllmengenübersicht: 

M2 Cyclone / S1 Lightning / S1W White Lightning / S1W Lightning Strike: 1,9 liter
S3 Thunderbolt / S3T Thunderbolt / X1 Lightning 2,37 liter

Einsatzempfehlung seitens Labortest Shell: VSX4 (teilsynth) 15W50 oder 20W40 / Ultra 4 (vollsynth) 15W50 

Getriebe: VSX4 20W40 

Diese Viskoklassen haben sicher auch andere Hersteller im Sortiment. 

Autoöl in die Buell? 

In unseren Betriebsanleitungen haben wir es gesehen: ein Dieselöl kann genommen werden, wenn nichts anderes zur Hand ist. Aber vorsicht!!! Die Handbücher stammen aus USA. Dort sind die Öleinsatzgebiete (schon durch die unterschiedlichen Fahrweisen und Qualitäten) nicht mit dem deutschen Markt zu vergleichen. Also, folgender Hintergrund. 

Moderne Autoöle (auch Dieselöle) enthalten sogenannte Reibwertverminderer (friction modyfier). Denn in einem Autoöl will man keinerlei Reibung und hat dort auch ganz andere Drehzahlen und somit auch ganz andere Belastungen für das Öl. Angefangen von der erhöhten thermischen Belastung im Motorrad, über die viel stärkere Scherung des Öls, bis hin zu wirklich vielen kleinen essentiellen technischen Details, man sollte die Finger von Autoölen lassen. Im Getriebe erst recht (rutscht durch, rupft, klebt, greift nicht). Also, wer sich eine Buell leisten kann, dann noch schick umbaut, mit Liebe poliert etc., der sollte am Herzblut der Maschine (=Öl) nicht sparen. Motorradöle sind speziell entwickelt und sind es in der Regel Wert. 

Ölfilter: 

Es gibt die hübschen grossen Ölfilter. Da geht eine Menge Öl rein. Und das strömt da so schön. Also, rüstet (schon aufgrund der geringen Ölmenge in den Buells) gern auf die grossen Ölfilter um, das hat sich in unseren Tests als positiv herausgestellt. Buell Vertragshändler Eures Vertrauens beraten Euch gern. 

Einfahren:

Neumaschinen mit einem mineralölbasischen Öl für 1000 km. Dann Umstellung auf ein teilsynthetisches Öl. Dann ggf. Umstellung auf ein vollsynthetisches Öl. 

Motoreinfahren ist auch direkt mit teilsynthetischem Öl möglich, wobei sich die „vorsichtig-wenig-drehzahl-einfahr-phase"; die wir alle so lieben, dann auf 1500 km mindestens verlängert. 

Nach dem Einlauföl kann auch direkt auf ein vollsynthetisches Öl gewechselt werden, dann bitte abermals eine Einfahrphase von 500 -800 km mindestens (1000km + 500 bis 800km) beachten. 

Lange mit mineralölbasischem Öl oder fettem Einbereichsöl gefahrene Maschinen bitte bei einer Umstellung auf voll- oder teilsynthetisches Öl folgendermassen lieb behandeln: 

Öl wechseln / Ölfilter wechseln (gleich 2 Ölfilter bestellen) / Ölverlust kontrollieren / 500 - 800 km Drehzahlarm und dennoch längere Strecken fahren (muss warm aber nicht heiss werden) / Öldeckel auf Schlamm und Geruch (Plastik, verbrannt) überprüfen (=Auswaschungseffekt) / Auffüllmengen ausschliesslich mit dem neuen Öl / nach den 500 - 800 km abermals Ölfilter wechseln (damit die Auswaschungsmengen nichts verstopfen). Von da an viel Freude am Fahren. 

Bei Ölfragen: 

www.shell-advance.de
cornelia.belmer@shell.com

Nicht unerwähnt bleiben sollen unsere lieben Mitbewerber: 

Castrol (zugehörig zur ARAL BP Veedol Castrol Gruppe), 
BelRay (auch Harleyöl genannt), 
Q8 (die Schweitzer mischen auch mit), 
Motorex (nur von Ketzern MotorEx genannt) abenfalls aus dem Ausland, 
Harley-Original-Oils (eine gelungene Mischung aus BelRay und von Harley eingekauftem Öl, welches leider manchmal mehr schäumt als Clementine), 
Elf-Moto (Motorradöl-linie der Total-Fina-Elf-Gruppe), 
Silkolene (ein Produkt von ehemals DEA, nun Fuchs), 
Aral (mit Helmablage auf dem Klo), 
Motul (selten so kostengünstiges Öl gesehen, aber Frauen aus Russland sind ja manchmal auch günstig zu haben), 
und und und. 

Generell kann ich sagen: Abgesehen von den ganz billigen, machen vorgenannte Produzenten ein wirklich passables Motorradöl. Dass Harleyöl ggf. manchmal schäumt und BelRay ggf. manchmal reisst, ist auch allen klar in unseren Buells. Aber sonst ist wirklich nichts an allen auszusetzten. Aber bitte KEIN AUTOÖL. ;-)) 

mit freundlichen Gruessen / best regards 

Cornelia Belmer 
Ein ganz klein wenig Werbung für dieses Werk ist nur gerecht.

Shell & DEA Oil GmbH 
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